Erntebericht 2022 der Landesgruppe Berlin-Brandenburg
Darstellung der aktuellen Getreidequalität aus Sicht der Müllerei sowie Hinweise zur Verarbeitung
von Dienstag, 06. September 2022- an den Oderland Mühlenwerken Müllrose GmbH & Co. KG
Der gleichzeitig angekündigte Vortrag über die „klimaneutrale Bäckerei“ am Beispiel von Märkisches Landbrot Berlin musste leider wegen Erkrankung der Sprecherin auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
Die diesjährige Ernte steht wie schon in den letzten Jahren, wieder einmal ganz im Zeichen der aktuellen klimatischen Bedingungen und zeigte anhand der Ergebnisse ein zuverlässiges Abbild derselben.
Die Untersuchungsergebnisse dargestellt vom Chef der Oderlandmühle Thomas Ludwig.
Die Bäcker werden weiterhin in Berlin\Brandenburg und nicht nur hier konfrontiert mit Qualitätszahlen die geprägt sind von geringer Enzymaktivität sinkenden Proteingehalten und geringen Feuchtigkeitswerten im Getreide.
Beim Weizenmehl ist die Getreidefeuchte von optimalen 14% im letzten Jahr auf ca. 12% in diesem Jahr gefallen. Eine nachträgliche Rückbefeuchtung muss immer etwas kritisch für die potentielle Wasseraufnahme des Mehls gesehen werden und kann negativen Einfluss auf die Gebäckqualität haben.
Die Proteingehalte liegen mit ca. 12% um ein Prozent niedriger als im letzten Jahr(ø 13%), was neben der Sortenwahl auch mit einer reduzierten Düngevergabe zusammenhängen mag. Der für die Backeigenschaften wichtigere Sedimentationswert hat leicht um ca. 8ml abgenommen, was sich eventuell in kleineren Gebäckvolumen bei Weizengebäcken niederschlagen könnte.
Interessant ist eine weiterhin sehr geringe natürliche Enzymaktivität, die sich in Fallzahlen von hohen 370“ niederschlägt, wobei der Osten hier deutschlandweit die höchsten Werte zu verzeichnen hat. Diese Mehle sind anspruchsvoller, eignen sich aber auch besonders gut für die zur Zeit nicht nur bei den Berliner Trendbäckern angesagten Langzeitführungen und\oder über einen Einsatz von Weizenmalzmehl lassen sich die Nebenwirkungen immer noch gut ausgleichen. Schlimmer wäre hier das Gegenteil von zu geringen Fallzahlen.
Bei den leider wenig nachgefragten Roggenmehlen sehen die Zahlen ähnlich aus wie beim Weizen mit allerdings anderen Back-Auswirkungen
Die Getreidefeuchte des Roggens ist mit 12% um 2% trockener, was positive Auswirkungen auf den Befall mit Mutterkorn und Fusarien-Toxinen hat, die in diesem Jahr kaum eine Rolle spielen.
Die Roggenfallzahl als Maß für die Enzymaktivität ist mit 320“ sehr hoch, nochmal höher als im letzten Jahr und liegt damit wieder im Bereich des Weizens. Das heißt: Enzyme im Roggenmehl offenbar nahezu Fehlanzeige (oder versagt hier etwa die Fallzahl als relevante Untersuchungsmethode?).
Das Amylogramm als typische Roggenmehl-Messmethode zeigt Maximalwiderstandswerte bei der Verkleisterung von 1700AE! In Lehrbüchern über Roggen kommen solche Werte gar nicht vor, ebenso wenig wie eine Verkleisterungstemperatur von 77°C Das ist nicht mehr „roggen-typisch“. Eigentlich müssten Roggenbrote aus solchen Mehlen alle „trockenbackend“ sein, was in der Praxis aber nicht auffällig ist.
Möglicherweise gelingt es hierbei über die Anwendung bäckerischen Wissens und -Technologie wie z.B. intelligente Sauerteig- und Vorteigführungen dass diese Brotfehler erst gar nicht die Kunden an den Verkaufsstellen erreichen. Fortschrittliche Teigtechnologien können also gewisse Problemzonen ausgleichen. Das ist dann die Kunst des Bäckers.
Alles in Allem eine sehr gelungene Veranstaltung in der Oderlandmühle in Müllrose, was die Anreise von Berlin rechtfertigte.
Herr Ludwig bot am Ende der Veranstaltung mit einem Rundgang durch Mühle und Labor noch spannende Einblicke in das Tagesgeschäft der effizienten Mehlproduktion.
Wir von der VDB freuen uns jetzt schon auf den Vortrag zur Ernte im Jahr 2023.
Franz-Josef Stuhlreyer
Bilder Copyright Lars Watzlawek